Eines Abends kam ich nach einem ereignisreichem Tag zurück in mein Lieblingshostel: Timbuktu in San Vito Lo Capo, Sizilien. In der besten Hostelküche der Welt kochte ich mir die lokalen bio Casarecce. An der zweiten Herdplatte war ein älterer Mann damit beschäftigt sich liebevoll und in Ruhe sich ein schönes und aufwendiges Abendmahl zu kochen.
Im ersten Moment dachte ich, es handele sich bestimmt um einen lokalen Freund des Hostelbesitzers Marco. Oftmals dient das Timbuktu als offener Treffpunkt verschiedener Menschen aus der fast 5.000 Seelen-Gemeinde. Egal ob Nachbarn, Eltern oder Migranten. In der Küche, auf der Veranda oder im Garten des Hostels treffen sie dann aus Reisende und Touristen aus der ganzen Welt.
Ich lag falsch. Der ältere Mann hieß Dan, kam aus England und war Hostelgast wie ich.
Zum Abendessen saßen wir uns an einen Tisch. Er hatte eine über 3000 Kilometer lange Reise hinter sich. Von Großbritannien ist er mit dem Zug durch den Eurotunnel bis zum nordwestlichsten Zipfel der größten Mittelmeerinsel gefahren. Alleine. Sein Begleiter: ein Interrail-Ticket.
Als er mir das erzählte, war ich so berührt. Ich fragte mich:
Was werde ich machen, wenn ich so alt bin?
Einsam Zuhause in den Fernseher schauen? Oder lieber Großraumabteil auf Reisen im Intercity? Pauschalurlaub der Rollatorfraktion? Oder doch ein individuelles Yoga Retreat im Hostel?
Dan hat für sich schon längst die passende Entscheidung getroffen.
Und warum schläft Dan in Hostels? „Miro, weil man an solchen Orten so viel lernt“, und nippt genüsslich an seinem Rotwein.
Und wie Recht hat er. Dieses abendliche zusammen sitzen, gemeinsam Essen und Lebensgeschichten teilen. Dieses: wie war dein Tag? Lohnt sich der Ausflug? Wie hast du es gemacht? Unbezahlbar!
Ein Abschiedsfoto mit Dan, voller Dankbarkeit so einen inspirierenden Menschen getroffen zu haben.
Ich verabschiede mich, wünsche allzeit gute Reise und begebe mich müde, aber glücklich auf mein Einzelzimmer.
Ja, ich gebe es zu: Gegenüber Dan kann man wirklich alt aussehen.
